Allmen und der rosa Diamant by Martin Suter

Allmen und der rosa Diamant by Martin Suter

Autor:Martin Suter
Die sprache: eng
Format: mobi
veröffentlicht: 2011-11-24T05:00:00+00:00


8

Allmen war etwas früher dort, wie immer zu Verabredungen. Eine Geste der Höflichkeit, die ursprünglich für Damen bestimmt gewesen war, die er aber längst auch auf Männer ausgedehnt hatte.

Er trank einen Singapore Gin Sling, den ihm der Barmann auf seinen Wunsch mit etwas weniger Cointreau und Grenadine, dafür mit etwas mehr Angostura zubereitete. Ein Trick, den ihm einst ein härtender im Raffles in Singapur verraten hatte. Es machte den Drink etwas trockener.

Nach dem Strand hatte er noch versucht, von seinem Zimmer aus Carlos anzurufen. Er wollte ihm von der neuesten Entwicklung berichten. Aber dann war etwas Überraschendes geschehen: Eine spanische Frauenstimme hatte sich gemeldet. »Casa von Allmen«, hatte sie gesagt.

Allmen war etwas überrumpelt gewesen, hatte seinen Namen genannt und sich erkundigt, ob Herr de Leon zu sprechen sei.

»Carlos está ocupado, Señor von Allmen«, hatte sie geantwortet. Carlos sei beschäftigt.

Erst jetzt hatte Allmen sich erkundigt, mit wem er das Vergnügen habe.

»Maria Moreno«, hatte sie geantwortet, fast ein wenig vorwurfsvoll. Sie hatte ihm erklärt, dass Carlos noch im Garten arbeite.

Und was denn sie mache, hatte Allmen wissen wollen.

Die Antwort klang erstaunt. »Putzen.«

Allmen nahm seinen Drink und stellte sich an das große Fenster neben der Bar.

Das Meer lag schwer und dunkel da. Vor dem klaren schwarzblauen Abendhimmel hatte sich eine weiße Wolkengirlande gebildet.

Er hörte den Barmann »good evening« sagen. Allmen nahm an, dass Sokolow eingetroffen war, und wandte sich der Bar zu.

Aber es war nicht seine Verabredung. Es waren zwei Männer, die er hier noch nie gesehen hatte. Einer der beiden kam ihm bekannt vor.

Und plötzlich fiel ihm ein, wo er ihn schon gesehen hatte: im Viennois. Er hatte an einem Wandtisch gesessen und die Herald Tribüne gelesen. Allmen hatte ihn durch den Spiegel beobachten können. Er glich einem amerikanischen Schauspieler. Schon damals war er nicht auf seinen Namen gekommen.

Die beiden Männer unterhielten sich laut und unbefangen in amerikanischem Englisch. Sie bestellten Cocktails und beachteten ihn nicht. Allmen war sich sicher, dass es sich um denselben Mann handelte.

Sein Herz klopfte wild. Ein Amerikaner, der ihm im Viennois aufgefallen war, begegnete ihm in einem Luxushotel an der Ostsee wieder. Solche Zufälle gab es nicht.

Sokolow kam herein. Er trug eine Krawatte, wohl um nicht zu sehr neben Allmen abzufallen, der zu jedem Abendessen elegant gekleidet erschienen war.

Er bestellte einen Wodka. »Ich kann ja doch nicht verleugnen, dass ich Russe bin«, kommentierte er seine Wahl. »Und was trinken Sie?«

»Singapore Gin Sling. Das Meer hier erinnert mich an die Gegend.«

»Mich erinnert es an meine Jugend. Das gleiche Meer, einfach etwas weiter nördlich.«

So verschlossen und eigenbrötlerisch ihm Sokolow aus der Entfernung vorgekommen war, so offen und direkt zeigte er sich aus der Nähe. Er erzählte ihm von den Jugendzeltlagern in der Umgebung von Tallinn und von dem militärischen Drill, der dort herrschte. Allmen steuerte ein paar Geschichten vom Charterhouse bei, dem exklusiven Internat seiner Jugend, das er seinerseits etwas militaristischer ausschmückte, als es gewesen war.

Als sie zum Speisesaal gingen, war der Mann, der dem Schauspieler glich, noch immer mit seinem Begleiter in ein Gespräch vertieft. Am Tisch bemerkte Sokolow: »Haben Sie den Amerikaner gesehen? Sah aus wie Martin Sheen.



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